Die USA und die Europäischen Union haben beim Treffen im Golf-Resort “Trump Turnberry” in Schottland eine Einigung erzielt. Demnach werden die USA die Zölle auf Güter aus der EU ab dem 1. August 2025 um 15 Prozent erhöhen. Die EU verzichtet hingegen auf eine Erhöhung der Zollgebühren auf Güter aus den Vereinigten Staaten. Ausserdem hat sich die EU damit einverstanden erklärt, in den nächsten drei Jahren 600 Milliarden Dollar an Investitionen in den USA zu tätigen. Sowie Energie im Wert von über 750 Milliarden Dollar einzukaufen. US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben von einem guten Deal für beide Seiten gesprochen. Von wegen! Denn die USA haben die EU im Zollstreit so richtig über den Tisch gezogen.
Von Claudio Prader
Donald Trump hat die Delegation der Europäischen Union mit der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, an der Spitze, nicht aus reinem Zufall in Schottland antanzen lassen. Das Ziel der EU-Schulreise: Das Golf-Resort des US-Präsidenten, “Trump Turnberry” in Schottland.
Drei Narrative hat Trump der internationalen Presse und der Öffentlichkeit damit vermittelt.
- Erstens demonstriert Trump mit der Wahl seines “Ferien-Resorts” als Kulisse für das Treffen aller Welt unverhohlen seine Verachtung für die Europäische Union und die politischen Vertreter der EU.
- Zweitens unterstreicht er damit, was für eine geringe Relevanz die EU für die USA als ernstzunehmender Handelspartner hat. Lieber schlägt er auf seiner eigenen Golf-Anlage ein paar Bälle ab, anstatt dass er sich mit einer obsoleten EU herumschlägt.
- Drittens vermittelt er das karikaturartige Bild vom Puppenspieler Trump, der an den beiden Marionetten Ursula von der Leyen und Maros Sefcovic (EU-Handelskommissar/Anm. Redaktion) genüsslich die Fäden zieht.
Der “Deal-Maker” Donald Trump macht mit der Europäischen Union das Geschäft seines Lebens
Im Vorfeld des Treffens hatte US-Präsident Donald Trump gedroht, auf die Einfuhr von Waren aus der EU einen Zollaufschlag von 31 Prozent zu erheben. Worauf die EU gedroht hat, ebenfalls die Zollgebühren auf US-Einfuhren drastisch erhöhen. Doch soweit soll es am Ende nicht kommen.
Stattdessen werden die Vereinigten Staaten ab dem 1. August 2025 die Zölle auf EU-Importe einseitig um 15 Prozent erhöhen. Während die EU auf eine reziproke Erhöhung der Zollgebühren verzichtet. Auf Druck der USA wird die Europäische Union ihren Binnenmarkt noch weiter als bereits geschehen für Waren aus den USA öffnen. Zudem wird die EU über die kommenden Jahre weitere 600 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten investieren. Und die EU hat weiter zugestimmt, für 750 Milliarden Dollar Flüssiggas von den Amerikanern zu kaufen. Zu guter Letzt wird die EU in den nächsten Jahren für hunderte Milliarden Dollar Rüstungsgüter aus den USA beschaffen. Wie hoch für die EU der Preis für die Waffenlieferungen ausfallen wird, wollte Trump nach dem Treffen nicht weiter präzisieren.
Der selbsternannte “Deal-Maker” Donald Trump hat damit zweifellos den grössten “Deal” seines Lebens gemacht. Es ist der wohl wichtigste bisweilen erzielte Triumph von Trump überhaupt. Was der US-Präsident und die EU miteinander ausgehandelt haben, ist eine Demütigung für die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen, für den EU-Handelskommisar Maros Sefcovic sowie für die restliche EU-Verhandlungsdelegation.

Das Ergebnis der Verhandlungen ist für die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine eklatante Demütigung
All diese übel riechenden Kröte muss die EU angesichts der Marktmacht und dem Verhandlungsgeschick der US-Amerikaner schlucken. Übrigens: Das nicht mehr zur Europäischen Union gehörende Grossbritannien hat sich mit den USA auf Zollerhöhungen von lediglich 10 Prozent geeinigt. Was für die EU nebst dem Brexit nun bereits die zweite bittere Pille aus dem Vereinten Königreich ist. Und nun kommen noch all die bittere Pillen hinzu, die Donald Trump seiner Gegenspielerin Ursula von der Leyen verschrieben hat. Nein, er hat sie der höchsten Vertreterin der EU förmlich in den Ösophagus gestopft.
Von Retorsionsmassnahmen seitens von der Europäischen Union gegen die Drohungen aus den USA ist in Schottland nun überhaupt keine Rede mehr. Schlimmer noch. Der US-Präsident kann bei der anschliessenden Pressekonferenz stolz verkünden, dass die EU auf ganzer Linie eingeknickt ist. Während dessen Ursula von der Leyen und Co. sich selbst gegenüber etwas schmerzhaftes eingestehen mussten. Nämlich, dass die EU einfach nichts aufzufahren hat, was bloss im Entferntesten als eine Drohkulisse dienen könnte. Entsprechend zerknittert und sichtlich zerknirscht sass von der Leyen denn auch vor den Kameras.
Soweit die Eckpunkte zum beigelegten Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. Nicht alle Details sind am Tag des Treffens in Schottland geklärt worden. Aber die wichtigsten Signalfahnen haben die USA und die EU im Golf-Resort “Trump Turnberry” abgesteckt.
Ursula von der Leyen spricht von einem guten Deal für beide Seiten
Obschon sich die Europäische Union und die Vereinigten Staaten auf die Beilegung des Handelsstreits geeinigt haben, herrscht trotzdem in einigen Punkten weiterhin Unsicherheit. So soll die vereinbarte Erhöhung der US-Zölle auf 15 Prozent auch für die EU-Automobilindustrie gelten. Von der Leyen und Trump widersprechen sich gegenseitig in diesem Punkt. Bereits jetzt belasten US-Einfuhrzölle die europäische Automobilindustrie mit Milliardensummen. Dasselbe gilt auch für die Pharma-Branche. Auch ist nicht klar, ob die USA die Zollabgaben für Stahl und Aluminium aus dem EU-Raum bei den zur Zeit geltenden 50 Prozent belassen werden.
Als gesichert gilt hingegen, dass die grossen US-Tech-Giganten wie Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) oder Alphabet (Google, Waymo, Verily) von der europäischen Digitalsteuer von 3 Prozent des Umsatzes befreit sein werden. Trotz anderslautenden Aussagen der Europäischen Union.
Wohl an das Publikum in den Staaten der Europäischen Union gerichtet sagte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: “Wir sind zu einem für beide Seiten erfolgreichen Ergebnis gekommen.” Während der im Anschluss an die Verhandlungen statt findenden Pressekonferenz spricht die höchste Vertreterin der EU ausserdem vom bestmöglichen Deal. Ob die EU-Staaten, die Unternehmen sowie die Menschen in der Europäischen Union das Verhandlungsergebnis auch so schönfärberisch betrachten? Daran bestehen wohl erhebliche Zweifel.
Welche Bedeutung und Auswirkungen hat die Unterwerfung der EU unter das US-Handelsdiktat für die Schweiz?
Industrieunternehmen in der Schweiz liefern in einem beträchtlichen Ausmass Halbfertigprodukte in die Mitgliedsländer der EU. Wo diese weiterverarbeitet und in die USA exportiert werden. Wenn nun die USA die Zölle erhöhen, werden für die US-Konsumenten Waren aus der EU deutlich teurer. Was die Nachfrage in den USA senkt und die EU-Exporte schmälert. Schweizer Unternehmen werden damit deutlich weniger Produkte in die EU ausliefern können. Was für hiesige Exporteure einen deutlichen Umsatz- und Gewinnverlust bedeutet. Auch den rund 700 Unternehmen, die Zulieferbetriebe für die Automobilindustrie in Europa sind, drohen empfindliche Absatz- und damit Gewinneinbussen. Dasselbe Szenario gilt auch für die Maschinenbau-Industrie in der Schweiz. Oder für die Hersteller von qualitativ hochwertigem Aluminium oder Stahl. So manches Unternehmen in der Branche wird sich mit Auftragsstornierungen konfrontiert sehen. Oder mit weitaus schlimmerem.
Erwartet Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter dieselbe Demütigung wie die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen?
Vor diesem Hintergrund rücken die Gespräche zwischen den USA und der Schweiz erneut in den Vordergrund. Nun kommt es ganz darauf an, wie geschickt die Schweiz gegenüber den US-Amerikanern auftritt. Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter sind wahrlich nicht zu beneiden. Wird die Schweiz beim Zoll-Konflikt mit den USA dieselbe Demütigung erwarten, wie sie Ursula von der Leyen erfahren hat? Wird unser Land im Zoll-Krieg mit den Amerikanern auch einen so kapitalen Schiffbruch erleiden wie die EU? Nous verrons …