Heute finden im Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) am 27. Januar 1945 weltweit unzählige Gedenkveranstaltungen statt. Der wohl wichtigste Anlass findet vor Ort in Polen statt. An der Zeremonie zum 80. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz nimmt auch die Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) als Vertreterin der offiziellen Schweiz teil. Ob auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nach Auschwitz gereist ist, war in Tel Aviv nicht in Erfahrung zu bringen. Die Frage stellt sich deshalb, weil der Internationale Strafgerichtshof vor drei Monaten einen Haftbefehl gegen den israelischen Premier erlassen hat. Während dessen die polnische Regierung entschieden hat, den Haftbefehl zu missachten und Netanyahu die Einreise zu gestatten, droht dem israelischen Premier in der Schweiz die sofortige Verhaftung und Überstellung nach Den Haag. Dies liess das Eidgenössische Justizdepartement (EJPD) auf Anfrage des Schweizer Online-Magazins für Politik, ProudMag.com, verlauten.
Von Claudio Prader
Heute vor genau 80 Jahren hat die Rote Armee das Konzentrationslager und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) befreit. Schätzungsweise rund 1,1 Millionen Jüdinnen und Juden sind auf dem Gelände einer ehemals polnischen Kaserne nach unsäglichem Leiden von Adolf Hitlers Schutzstaffel (SS) bestialisch ermordet worden. Durch Arbeit, Hunger, Krankheit und das Schädlingsvernichtungsmittel Zyklon B. Männer, Frauen, Greise und Kinder waren ab April 1940 im KZ Auschwitz interniert und sind dort durch die Hand der SS-Schergen umgekommen. Am 27. Januar 1945, als die russische Armee vor Ort eintraf, fand das Morden der Nationalsozialisten endlich ein jähes Ende. Das KZ Auschwitz bestand bekanntlich aus den drei Hauptlagern KZ Auschwitz (Auschwitz I), KZ Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) und KZ-Auschwitz -Monowitz (Auschwitz III) sowie aus über vierzig Aussen- und Nebenlagern. Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war in diesem Komplex das eigentliche Vernichtungslager.
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ist nach Auschwitz in Polen gereist
An den heutigen offiziellen Gedenkfeierlichkeiten in Auschwitz ist mit der Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) auch die offizielle Schweiz anwesend. Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements ist in Begleitung zweier Holocaust-Überlebenden nach Polen gereist. Rund 40 Staats- und Regierungschefs sowie Persönlichkeiten internationaler Organisationen werden heute an der Zeremonie zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau anwesend sein.
Polen weigert sich den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs gegen Benjamin Netanyahu zu vollstrecken
Ob auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu der Veranstaltung beiwohnen wird, war auf unsere Anfrage beim Büro des Ministerpräsidenten in Tel Aviv nicht in Erfahrung zu bringen.
Am 21. November 2024 erliess der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag Haftbefehl gegen den Ministerpräsidenten Israels, Benjamin Netanyahu sowie gegen den Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant. Wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Trotz des Haftbefehls drohen Netanyahu bei seiner allfälligen Einreise in Polen keinerlei Konsequenzen. Denn wie die polnische Regierung als Reaktion auf den Entscheid des Internationalen Strafgerichtshofs verlauten liess, werde Polen den Haftbefehl gegen Netanyahu oder Gallant ignorieren. Womit der israelische Premier Netanyahu rein theoretisch an den Gedenkanlass in Auschwitz hätte reisen können.

In der Schweiz droht dem Premier Israels Benjamin Netanyahu die Verhaftung
Ganz anders ist die Situation in der Schweiz gelagert. Dort droht dem Premierminister Benjamin Netanyahu die sofortige Verhaftung und Auslieferung nach Den Haag an den Internationalen Strafgerichtshof.
Wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf Anfrage des Schweizer Online-Magazins ProudMag.com erläutert, droht dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu bei seiner Einreise in die Schweiz die unmittelbare Verhaftung. Wie das EJPD in seiner Stellungnahme schreibt, sei die Schweiz als Vertragspartei des Römer Statuts zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof verpflichtet. «Gestützt auf die Zusammenarbeitsverpflichtung mit dem IStGH müsste die Schweiz – sofern zu diesem Zeitpunkt ein entsprechender Haftbefehl bzw. ein darauf gestütztes Verhaftungsersuchen des IStGH besteht – Benjamin Netanjahu bzw. die weiteren Beschuldigten bei deren allfälligen Einreise in die Schweiz grundsätzlich verhaften und das Überstellungsverfahren an den Internationalen Strafgerichtshof einleiten», schreibt das EJPD in seiner Antwortmail. Das letzte Wort habe in diesem Fall der Bundesrat, lässt das Departement auf die Frage des ProudMag.com verlauten. Da Netanyahu als Staatsoberhaupt nach internationalen Völkerrecht de facto Immunität geniesst, habe in dieser Frage der Bundesrat abschliessend über die Verhaftung und Überstellung des israelischen Premiers Benjamin Netanyahu zu entscheiden.
Auch in der Schweiz wird der Vernichtung von Millionen Jüdinnen und Juden gedacht
An diesem heutigen Tage bleibt uns lediglich die Erinnerung ans schlimmste Verbrechen der Menschheit – den Holocaust. An den bestialischen Genozid von Millionen Jüdinnen und Juden in ganz Europa. Bleibt uns das schrecklichste aller schrecklicher Gedenken – die Shoah (hebräisch: Verhängnis, völlige Zerstörung).
Auch in der Schweiz finden zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor 80 Jahren zahlreiche Veranstaltungen statt. Wie der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in seiner Medienmitteilung schreibt, finden in unserem Land verschiedene Gedenkveranstaltungen statt. Darunter in den Kantonen Bern, Aargau, Basel-Stadt Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, St. Gallen, Tessin, Waadt und Zürich. Die Anlässe zur Erinnerung an den Holocaust finden unter der Schirmherrschaft der weltweiten Initiative #WeRemember statt. Hinter dem Hashtag #WeRemember steht der International Holocaust Remembrance Day.
Zum Zeichen des Gedenkens an die 1,1 Millionen Opfer des KZ Auschwitz sowie der insgesamt über 6 Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden während des 2. Weltkrieges, werden heute viele öffentliche Gebäude beleuchtet. Darunter auch das Bundeshaus in Bern. Als glühendes Zeichen gegen Antisemitismus, wie der SIG in seiner Medieninfo ferner erwähnt.
Gedenkveranstaltungen in Bern und Genf zum Mord an 6 Millionen Jüdinnen und Juden
Wie die Pressestelle des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in einer Stellungnahme an das Schweizer Online-Magazin ProudMag.com schreibt, findet die Gedenkveranstaltung in Bern unter dem Patronat des EDA sowie der israelischen Botschaft statt. Die diplomatische Vertretung des Staates Israel hält den Vorsitz all derjenigen Länder inne, die sich im Rahmen der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zusammengeschlossen haben.
Ausserdem findet zum Erinnern an die ermordeten Jüdinnen und Juden während der Nazi-Schreckensherrschaft im Palais des Nations in Genf eine Gedenkveranstaltung zum Holocaust statt. In diesem Kontext hat das Büro der Vereinten Nationen Delegationen aus Israel sowie der Europäischen Union zu einem gemeinsamen Anlass eingeladen.
Mehr Infos zum Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz finden Sie unter diesem Link: https://www.bundesarchiv.de/themen-entdecken/online-entdecken/themenbeitraege/das-konzentrationslager-auschwitz/
Lesen Sie zum Thema Israel, Judentum und Antisemitismus weitere Beiträge im Schweizer Online-Magazin für Politik, ProudMag.com: