Nachdem der Ausbau der einheimischen Energieproduktion nunmehr über zwei Jahre hinweg in der parlamentarischen Beratung festsass, haben sich National- und Ständerat endlich auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen können. Der Nationalrat hat gestern einem Kompromissvorschlag des Ständerats zugestimmt. Wonach Verbände mit ihren Beschwerden gegen Projekte für den Ausbau erneuerbarer Energien in Zukunft bloss noch bis an ein Kantonsgericht – nicht aber wie üblich bis ans Bundesgericht, gelangen sollen. Indem der Gesetzgeber den Weg durch die gerichtlichen Instanzen beschneidet, sollen die Bewilligungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen um einige Jahre verkürzt werden. Der Nationalrat hiess diesen Kompromiss mit 130 zu 1 Stimmen bei 61 Enthaltungen von links-grüner Seite gut. Diesem Beschluss muss der Ständerat heute noch zustimmen. Dass der Beschluss vom Parlament verabschiedet wird, scheint eine reine Formsache zu sein.
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Medienmitteilung SDA
Beschleunigung von erneuerbaren Energieprojekten schafft Hürde
Der Beschleunigungserlass zum Ausbau der einheimischen Energieproduktion kommt auf die Zielgerade. Der Nationalrat hat am Dienstag dem Kompromissvorschlag des Ständerats zugestimmt. Demnach bleibt das Verbandsbeschwerderecht bestehen, aber nur bis zum Kantonsgericht.
Über zwei Jahre war die Vorlage in der parlamentarischen Beratung. Sie sieht die Beschleunigung der Verfahren für Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke vor. Gestritten wurde in den vergangenen Monaten noch über die Beschwerdemöglichkeit durch Verbände, das sogenannte Verbandsbeschwerderecht.
Ständerat wollte das Verbandsbeschwerderecht gänzlich streichen
Der Ständerat wollte dieses Recht zunächst vollständig streichen. Im Nationalrat war dieser Vorschlag nicht mehrheitsfähig. Stattdessen schlug die grosse Kammer vor, dass bei 16 vordefinierten Wasserkraft-Projekten nur noch drei Verbände gemeinsam eine Beschwerde einreichen können sollten, was wiederum im Ständerat auf Kritik stiess.
Lösung in letzter Minute
In letzter Minute brachte die kleine Kammer in der vergangenen Woche eine neue Variante ins Spiel: Sie beschloss, das Verbandsbeschwerderecht auf kantonaler Ebene beizubehalten, aber den Weiterzug vor Bundesgericht zu verunmöglichen. Damit wird das Verbandsbeschwerderecht nicht angetastet, aber der Instanzenweg wird verkürzt – um drei bis fünf Jahre, wie im Parlament zu hören war.
Diese Version setzte sich auch in der Einigungskonferenz mit Kommissionsmitgliedern beider Räte durch. Der Nationalrat hiess diesen Kompromiss mit 130 zu 1 Stimmen bei 61 Enthaltungen von links-grüner Seite gut. Der Ständerat entscheidet am Mittwoch darüber. Seine Zustimmung dürfte Formsache sein.
Der Kompromiss scheint in Griffnähe
Lehnt einer der Räte am Freitag in den Schlussabstimmungen den Kompromiss doch noch ab, scheitert die gesamte Vorlage – und damit neben der Beschleunigung des Wasserkraftausbaus auch die Beschleunigung von Wind- und Solarprojekten. Dieses Szenario konnte in den vergangenen Monaten aufgrund der Kritik von SVP und Links-Grün – aus unterschiedlichen Motiven – nicht ausgeschlossen werden. Nun scheint der Kompromiss aber mehrheitsfähig zu sein.
“Keine Sternstunde der Gesetzgebung”
Martin Bäumle (GLP/ZH) sprach von einer “politisch vertretbaren Lösung”, die ein wichtiger Baustein der Energiewende sei. Weil die Vorlage insgesamt ausgewogen sei, sei er zuversichtlich, dass es kein Referendum gegen die Vorlage geben werde.
Links-Grün hatte in den vergangenen Wochen mit einer Unterschriftensammlung gedroht, falls die Verbandsbeschwerderechte zu stark eingeschränkt werde. Von dem nun getroffenen Kompromiss sind zwar weder die SP noch die Grünen überzeugt.
Aline Trede (Grüne/BE) kritisierte die “unseriöse Legiferierung” des Ständerats. “Das ist keine Sternstunde der Gesetzgebung”, doppelte Jon Pult (SP/GR) nach. Beide betonten jedoch gleichzeitig, dass der Beschleunigungserlass für die Umsetzung der Energiewende wichtig sei. Schliesslich enthielt sich Links-Grün der Stimme.
Schwindende Opposition der SVP
Sprecherinnen und Sprecher der bürgerlichen Fraktionen unterstrichen in ihrer Bilanz, dass nun ein tragbarer Kompromiss gefunden worden sei. “Die Änderungen im Energiegesetz sind kein Verbrechen, sondern ein Schritt in die richtige Richtung”, sagte Christian Imark (SVP/SO), der die Vorlage zu Beginn der Beratungen im Parlament noch zur Ablehnung empfohlen hatte.
Die SVP und die FDP betonten, dass ihnen insbesondere die Umsetzung der 16 im Energie-Mantelerlass definierten Wasserkraftprojekte am Herzen liege. Der Blockadepolitik sei damit ein Ende gesetzt, sagte Christian Wasserfallen (FDP/BE).
Passend zum Herbst könne das Parlament nun die Früchte einer langen Beratung ernten, so Priska Wismer-Felder (Mitte/LU). Energieminister Albert Rösti, der in den vergangenen Wochen wiederholt auf die Wichtigkeit der Beschleunigungsvorlage hingewiesen hatte, verzichtete auf ein erneutes Votum.


